Sexualstrafrecht – Ein Fall von gestern – Fazit

Das Urteil im Verfahren F. Teichtmeister hat schon alleine auf Grund der Tatsache, dass dieser im Rampenlicht steht und als Täter somit namentlich und visuell vielen Menschen ein Begriff ist, für Empörung gesorgt.

Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass unsere Mitmenschen diesen Fall mit besonderem Interesse verfolgt haben. Viele Menschen verdrängen jedoch, dass solche Taten täglich passieren.

Seitdem es den schnellen Informationsfluss durch unsere Medien gibt, wissen wir über dieses Problem nun wirklich alle, doch wäre ja zu hoffen, dass es mit der Zeit eine rückläufige Tendenz geben könnte. Leider ist der Gesetzgeber offenbar der Meinung, dass ein Urteil wie dieses, welches wir letzte Woche zur Kenntnis nehmen mussten, passt.  Entschuldigungsgründe bzw. ein Nachsehen basierend auf Gründen, welche bei der Urteilsverkündung genannt wurden, sind für Menschen wie mich, nicht nachvollziehbar.

Während Herr Teichtmeister den Weg in Freiheit fortsetzen darf, argumentiert man mit den damit verbundenen Auflagen und dem Hinweis, dass dieser ja mit den Konsequenzen seines Handelns durch die gesellschaftliche Ächtung, etc., gegenüber anderen Tätern offenbar im Nachteil sei. 

Abgesehen davon, dass viele Bürger und auch ich, dafür sind, dass Täter der Bevölkerung öffentlich gemacht werden sollten und bei Niederlassung in einem bestimmten Wohngebiet bekannt sein sollten, scheint das so schwer erkämpfte „neue Gesetz“ welches unter der Empfehlung des verstorbenen Bundespräsidenten Herrn Dr.T. Klestil umgesetzt wurde, einen deutlichen Rückschlag zu erleiden. Für die Umsetzung haben insgesamt mehr als hunderttausend Menschen, Vereine und Initiatoren, zu denen auch ich gehörte, darum gekämpft. Für die meisten von uns ist das erfolgte Urteil ein Schlag ins Gesicht, viel mehr noch, jenen Personen gegenüber, die vom Missbrauch betroffen gewesen sind oder es heute noch sind: 

Mit Sicherheit kann ich sagen, dass KM (Kindesmissbrauch) tatsächlich oft einen langen Zeitraum von den Kindern „relativ gut verkraftet“ werden kann. Ich wiederhole hier lediglich die sinngemäße Äußerung eines Psychologen welche von APAots beschrieben wurde.

Was bei diesem Ausspruch zu beachten ist, ist die Tatsache, dass sich Menschen, die unter Gewaltsituationen bzw. sex. Missbrauch aufwachsen, sich eine „andere Welt“ zurechtzimmern müssen, rein instinktiv, da sie das Erlebte sonst kaum ertragen könnten. 

Missbrauchten Menschen und Menschen die unter Gewalt groß geworden sind, setzen sich nach unterschiedlich langer Zeit mit dem Geschehen mit Sicherheit nochmals auseinander, jeder zu seinem Zeitpunkt. Richtig ist n i c h t, dass wir nach einer Bestrafung rein aus Rache trachten, sondern weil wir das, was uns angetan wurde, einigermaßen wiederherstellen möchten – und die Gewissheit haben möchten, dass es nicht u n s e r Fehler gewesen ist, sondern ganz explizit jenem Täter zugeordnet wird, der mit einer Tat nachweislich in Zusammenhang gebracht werden konnte. 

Es muss an die Täter die „Nachricht“ übermittelt werden, dass sie einerseits Konsequenzen von der Gesellschaft generell zu erwarten haben und andererseits, dass er auch etwas „zurückgibt“. 

Nachdem das, was einem angetan wurde, tatsächlich in der Form nie mehr zurückgegeben werden kann, was einem genommen wurde, so gibt es nun einmal den materiellen Ausgleich, der es einem ermöglicht, in aufkommenden Krisensituationen (und glauben Sie mir, die kommen öfter als nicht Betroffene es sich vorstellen können) dagegen etwas unternehmen kann, oder, was zumeist der Fall ist, „überbrücken“ kann: durch Auszeiten, durch Abfangen existenzieller Einkünfte, etc.

Keiner von u n s will staatlich überprüft werden, ob es denn den Damen und Herren der Krankenkassen, des Staates, nun a n g e m e s s e n erscheint, ob denn jemand reglos genug am Boden liegt oder nicht, um, zum Beispiel: Eine Therapie in der es bei Gott nämlich k e i n e „Schweigepflicht“ über den „Patienten“ (Krankenkassen) gibt da der Therapeut natürlich einen Bericht über den namentlich genannten Patienten abgeben muss! 

Auch die sogenannte Hilfe eines zugewiesenen, kostenlosen Rechtsbeistandes bei Verfahren die Betroffenen zur Verfügung gestellt werden, bei Gewalttaten wurden z.B. im Jahr 2009 lediglich * rd. 1.200 Euro (pro Fall!) zur Verfügung gestellt, womit ein ordentliches Verfahren nicht möglich sein kann und somit eine reine Farce ist. 

Vor allem bei Ersttätern, übt man Nachsicht, es kommt sogar in vielen Fällen zur Diversion, die im eindeutigem Nachteil gegenüber einer Entschädigung, die ein Opfer erhält und deutlich zugunsten des Staates (!) ausfällt. 

Unabhängig von der Tatsache des Urteils betreffend F. Teichtmeister, das nun nicht mehr zu ändern ist, habe ich festgestellt, dass der Tod einer meiner Töchter, welche sich nach Jahren ihres Missbrauchs mit nicht ganz 19 Jahren das Leben genommen hat, durch ein solches Urteil einer Verhöhnung aller Opfer gleichkommt!  Hinzu kommt noch, dass ihr Leben zuvor von so viel Unsicherheiten und mit so viel Schmerz verbunden gewesen ist, und wir alle, die Kinder und ich als Mutter, mit ihr, mit uns selbst, durch die Hölle gegangen sind. Diese Tochter war die erste, die nicht nur die Forderung nach einer Gesetzesänderung unterzeichnet hat, sondern sie selbst hat auch mit uns die Menschen auf dieses Problem in ihren letzten Lebensmonaten aufmerksam gemacht. 

Wie könnten w i r also mit einem solchen Urteil einverstanden sein? Wie können es Eltern sein, die jeden Tag fürchten müssen, dass auch ihrem Kind ein solches Schicksal zu Teil wird? Schon lange ist klar, dass Kindesmissbrauch nicht n u r in Familien stattfindet, dass er n i c h t mit der gesellschaftlichen Stellung einer Person (Täter) zu tun hat, sondern dass eine solche Abartigkeit vorkommt und jedes Kind in die Fänge solcher Personen geraten kann.

Durch die technischen Errungenschaften ist dieses Phänomen tatsächlich ein noch größeres geworden, da der Gebrauch von sex. Gewalt durch Bilddokumentationen und Filmmaterial nun auch noch einen materiellen Vorteil für die Täter bringen kann. 

Das Problem von Pädophilie erscheint mir als kaum lösbar und der Glaube an „Heilung“ der Täter hält sich aus meiner Sicht im 0-5% - Bereich. 

Während Psychologen meinen, es würde sich dabei um eine Erkrankung handeln teile ich die Meinung mit jenen, die der Ansicht sind, dass es sich dabei lediglich um eine ausufernde Missachtung gesellschaftlicher Regeln handelt. Ich denke, dass ich hier alle anderen, menschlichen Gründe wie Empathie gegenüber Kindern, etc., beiseitelasse, denn, hätten diese Täter auch nur annähernd ein Herz und Vernunft gegenüber Kindern, so würden wir alle über dieses Thema nicht sprechen müssen. 

Was die gerichtliche Entscheidung mit keinem Wort berücksichtigt hat, ist die Tatsache, dass den betroffenen Kindern in keiner Weise damit gedient sein kann, nein, im Gegenteil: Genau w ä h r e n d des Prozesses, und davon kann man mit Sicherheit ausgehen, wurden zum gleichen Zeitpunkt tausende Kinder weltweit missbraucht, genau zu dem Zeitpunkt, in dem ich hier schreibe, werden tausende Kinder missbraucht während sie stattdessen mit dem Teddy in ihren Betten liegen sollten und sich auf den nächsten Kindergartentag, auf das Treffen mit Freunden, die Schule freuen und das Guten-Morgen-Bussi ihrer Eltern erwarten sollten. Bedenken Sie bitte, dass zu jedem Zeitpunkt, an dem Sie selbst, wir, unseren ganz normalen Tätigkeiten nachgehen und darüber jammern, welcher „Wahnsinn“ uns „heute wieder erwartet“ oder ein einträgliches Geschäftsessen, ein Opernbesuch, was auch immer geplant ist, werden kleine Kinder, Jugendliche von Erwachsenen verletzt, gedemütigt, geschlagen und womöglich getötet, w e i l sie zu diesem Zeitpunkt niemand beschützt (oder beschützen kann). Selbst wenn man d i e s e 76.000 Kinder (auf den Datenträgern) von ihrem Schicksal herausholen könnte, werden die nächsten schon wieder in den Fängen dieser skrupellosen und menschenverachtenden Personen geraten. 

Nicht zu vergessen ist, dass schon alleine vor zehn Jahren, als der „Heimkinder-Skandal“ großes Aufsehen erregt hat, und die gesamte, gesellschaftliche- sowie die Katastrophe unseres öffentlichen Systems, in den diversen Einrichtungen endlich, nach viel Einsatz ehemaliger Heimkinder, aufgegriffen wurde. 

Offensichtlich meint man von staatlicher Seite, man hätte diesen „Part endlich „abschließen“ können. Dem ist mit Sicherheit nicht so, vor allem, wenn uns dann abermals ins Gesicht geschlagen wird bei einem solchen Urteil. Man hat uns lediglich die Möglichkeit gegeben für eine kurze Zeit für ein wenig innere Stabilität zu sorgen. 

Meine Erfahrung als denkender Mensch sagt mir, dass weder Drogen eine Pädophilie auslösen können noch, dass es dadurch eine Erleichterung bei der Strafbemessung geben sollte. Drogen sind ohnehin verboten und wir alle wissen, was man bei deren Konsum erwarten muss. Es ist auch hier wiederum eine Entscheidung die jemand wider besseres Wissen trifft.

Ich bin nicht nur für eine harte Bestrafung in Form von Freiheitsentzug über längerem Zeitpunkt sondern explizit dafür, dass Menschen die Kinder missbrauchen, die vergewaltigen, die pornographische Darstellungen solcher Taten im Umlauf bringen, über ihre Taten nicht nur nachdenken sollen, sondern in jedem einzelnen Fall in eine forensische - psychiatrische Unterbringung verbracht werden müssen, um in diesen Zeitraum einen entsprechenden Lernprozess erfahren. 

Setzt man aber auf Grund der Aussagen von Psychiatern voraus, dass eine „Heilung“ sehr wohl unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein kann, dann müsste man (wie bei anderen Forschungsprojekten, z.B. in der Medizin bei denen die Versuchspersonen ja auch nicht bekannt sind) entsprechende Studien machen, mehr noch, genaue Aufzeichnungen über die einzelnen Verbesserungen führen.

Wäre es also den Regierungsmitgliedern ein echtes Anliegen – so wie uns Bürgern – so dürfte die Kostenübernahme bei all den wirtschaftlichen Subventionen die es gibt kein Hindernis sein, eine dauerhafte Therapie für Täter – je nach Einkommen – mitzufinanzieren. Der Vorteil könnte in zehn Jahren nach und nach sichtbar werden, zumal es davor einen entsprechend langen Zeitraum dazu gegeben hat, eine gut fundierte Basis im Maßnahmenvollzug zu legen. 

Unsere Gesetzgeber müssten auch alle Taten, die gegen die physische- und somit psychische Gesundheit von Menschen generell verstoßen, mit deutlich höheren Strafen beantworten als bei Vergehen, die rein materieller Natur entsprechen. Unsere Gesundheit ist das einzige, und höchste Geschenk, das wir haben und genau das hat unsere Gesellschaft an erste Stelle zu setzen. 

Durch die Begründung des Urteils von Herrn F. Teichtmeister haben wir vorerst gelernt, dass unter anderem die Bürger in unserem Land, einmal mehr, doch nicht so gleich sind, wie es uns unsere Verfassung weismachen will. 

Personen, die Kinder missbrauchen haben, wie alle anderen Menschen in allen Lebensbereichen, eine Entscheidung für sich getroffen, eine, die eindeutig falsch ist und, nicht nur! mit unseren Normen unvereinbar sind und dafür gibt es keine Entschuldigung und keine Ausreden. Jeder Täter, ganz gleich in welchem Bereich, hat für sich selbst „Gründe“, warum er sich für seine Tat entscheidet, und es gibt kaum in einem Verfahren so viel Nachsicht, als hier, in dem genannten.

Wenn man bedenkt, dass in Österreich der Passus: „Unwissenheit schützt vor Strafe n i c h t!“ in unserem Gesetz herrscht, kann man nur noch danach fragen, wieso dann bei „Wissen“? es zu einer solchen Entscheidung kommen kann? 

Herr F. Teichtmeister hat sich der Öffentlichkeit gestellt (stellen müssen?). Er hat die Taten zugegeben, und dadurch   k ö n n t e man v i e l l e i c h t daraus schließen, dass er sich tatsächlich, spät aber doch, über sich selbst wenigstens Gedanken gemacht hat – wenn es denn kein Schachzug gewesen ist, um eben ein milderes Urteil zu erhalten, das ihm aus meiner Sicht, förmlich nachgeworfen wurde.

(Ich persönlich musste erleben, dass man mit einem Täter noch Mitleid haben kann, obwohl dieser „eine Stunde“ zuvor brutalste Gewalt angewendet hat, weil sein Weinen und zur Schau gestellte Reue immer wieder das Gefühl hervorgerufen hat, dass ich bloß meinen Anteil an m e i n e r  Schuld nicht durchschaue, und ich irgendeine Schuld schon haben werde.) 

Gewalt und sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen scheint nach wie vor, wenn sie denn von Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, in Kindergärten und Schulen oder Kirche passieren, von keinem raschen Aufklärungswillen getragen zu sein. Möglicherweise nehmen einzelne Mitarbeiter ihre Verantwortung ernster, doch ist es auch hier, was die rasche Aufklärung solcher Delikte betrifft eine Schande. Dauert es oft Monate, bis es, wenn überhaupt, zu einem Verfahren kommt und die unterschiedlichen Konsequenzen für die Täter sind nach wie vor ein Hohn.

Einige Urteile aus der jüngsten Vergangenheit von Sexualdelikten gegenüber Jugendlichen und Frauen lassen einen ebenfalls nur noch den Kopf schütteln. 

Ich frage mich jedoch, ob wir den Menschen in zehn oder zwanzig Jahren aus der Betroffenen-Gruppe (als dann Erwachsene) mit Nachsicht begegnen und ihre Rechte anerkennen werden?

Werden sie z.B. bei Gericht als vollwertige Zeugen angesehen, oder wird eine Aussage als nicht verwertbar angesehen, w e i l sie missbraucht wurden und nicht „objektiv“ einen Sachverhalt beurteilen können? Wird ihr „sonderbares“ Verhalten, ihre eventuell außergewöhnliche Meinung, ihre eventuell „fehlende Empathie“ gegenüber Problemen die s i e „nicht als solche erkennen“ (können), die Fahrkarte ins soziale Abseits bescheren? Werden sie jemals ein „normales Familienleben“ führen können und liebevolle Partnerschaften pflegen können? Mit all diesen Dingen müssen sich nämlich Menschen, die den Missbrauch und/oder Gewalt erleben mussten als Erwachsene auseinandersetzen, weil sie nämlich d a n n keine Kinder mehr sind, weil das Gegenüber sie mit Unverständnis wahrnimmt und sie immer wieder, den „langen Arm des Täters“ spüren werden! D a s kann ich mit Sicherheit behaupten, obwohl wunderbare Therapeuten ihr Können hinterlassen haben – aber eben nur zum Überleben und nicht für ein „unbedarftes, stinknormales Leben“ das ohnehin immer wieder den ganz „normalen, alltäglichen Wahnsinn“ beinhaltet. 

Es ist für Außenstehende kaum nachvollziehbar, was Gewalttaten mit den Betroffenen macht. Man kann schon froh sein, wenn man nicht mehr Nacht für Nacht davon träumt und tagsüber davon ein Abstand nehmen kann. Und ja, jene, so wie meine verstorbene Tochter, haben keinen anderen Ausweg gesehen, als diesem langen Grauen ein Ende zu setzen. Sie geraten ohnehin in Vergessenheit in der Gesellschaft.

Für sie, und für die kommenden und derzeitigen – Kinder und anderen Betroffenen – möchte ich mit diesem Schreiben sprechen.

 
 
© Isabella Bernardo , Wien 
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